Was ist Monster Cropping?

Stell Dir eine Cannabis-Pflanze vor, die nicht einfach nur nach oben wächst, sondern förmlich in die Breite explodiert. Eine Pflanze, die so viele Verzweigungen ausbildet, dass sie wie ein kleiner, dichter Busch aussieht und vor potenziellen Blütenständen nur so strotzt. Das ist kein Traum, sondern das Ergebnis einer spezifischen Anbautechnik: dem Monster Cropping. Diese Methode bricht mit einer grundlegenden Regel des Klonens und nutzt einen biologischen Schockzustand der Cannabis-Pflanze zu Deinem Vorteil. Es ist ein Weg, den Ertrag pro Fläche deutlich zu steigern und gleichzeitig auf eine dauerhafte Mutterpflanze zu verzichten.

Dieser Ratgeber führt Dich durch jeden einzelnen Schritt des Prozesses. Wir schauen uns nicht nur an, wie es geht, sondern auch, warum es funktioniert. Du lernst die biologischen Hintergründe, die exakten Handgriffe und wie Du typische Stolpersteine vermeidest. Es ist eine Technik, die etwas Geduld und Fingerspitzengefühl verlangt, aber die Resultate können Deine Erwartungen an den Wuchs von Cannabis neu definieren. Vergiss alles, was Du über das übliche Timing für Stecklinge zu wissen glaubst. Wir betreten hier einen Bereich, in dem wir die Regeln der Natur ein wenig zu unseren Gunsten biegen.

Was genau ist Monster Cropping bei Cannabis eigentlich?

Im Kern ist Monster Cropping eine fortgeschrittene Anbautechnik für Cannabis, bei der Stecklinge (Klone) von einer Pflanze genommen werden, die sich bereits in der Blütephase befindet. Das widerspricht der traditionellen Vorgehensweise, bei der Stecklinge ausschließlich von Pflanzen in der vegetativen Wachstumsphase geschnitten werden. Der Name „Monster Cropping“ leitet sich von dem monströsen, extrem buschigen und unkonventionellen Wuchs ab, den diese Klone nach dem Bewurzeln entwickeln.

Wenn ein blühender Steckling dazu gezwungen wird, wieder in die vegetative Phase zurückzukehren – ein Prozess, der auch als Re-Vegging bekannt ist –, durchläuft er eine Art hormonelle Neuorientierung. Die Pflanze ist biologisch darauf programmiert, Blüten zu produzieren, wird aber durch den Lichtzyklus (18 Stunden Licht oder mehr) zurück ins Wachstum gezwungen. Diese Verwirrung führt dazu, dass der Klon seine typische Wuchsstruktur verliert. Statt eines zentralen Hauptstamms mit symmetrischen Ästen treibt er an unzähligen Stellen gleichzeitig aus. Das Ergebnis ist eine Pflanze mit einer enorm hohen Anzahl an Seitentrieben und somit eine drastisch erhöhte Anzahl an zukünftigen Blütenansätzen.

Die unkonventionelle Logik: Klonen in der Blütephase

Warum sollte man etwas tun, wovor die meisten Anleitungen warnen? Die Antwort liegt in der einzigartigen Reaktion der Cannabis-Pflanze. Ein Klon von einer vegetativen Mutterpflanze setzt einfach das Wachstumsmuster seiner Mutter fort. Er wächst geordnet und vorhersehbar. Ein Klon aus der Blütephase hingegen hat diese genetische Blaupause für geordnetes Wachstum bereits hinter sich gelassen. Seine Zellen sind auf Blütenproduktion eingestellt. Wenn Du ihn nun unter Wachstumsbedingungen (18/6 Lichtzyklus) stellst, passiert etwas Bemerkenswertes.

Die Pflanze kann nicht einfach zurückschalten. Sie „stottert“ botanisch gesehen. Die ersten Blätter, die wachsen, sind oft seltsam geformt, glatt, rundlich und haben nur einen oder drei Finger. Das ist ein klares Zeichen für das Re-vegging. Während dieser Umstellungsphase stoppt die Pflanze ihr vertikales Wachstum fast vollständig und steckt ihre gesamte Energie in die Bildung neuer Triebe aus den bereits vorhandenen Blütenansätzen (Calyces). Jeder dieser kleinen Knotenpunkte kann zu einem neuen Ast werden. Das Resultat ist ein buschiger Wuchs, der mit traditionellen Methoden kaum zu erreichen ist.

Abgrenzung zum normalen Klonen und zu „Re-vegging“

Es ist wichtig, die Begriffe klar zu trennen, auch wenn sie zusammenhängen. Traditionelles Klonen bezeichnet das Schneiden von Stecklingen von einer Mutterpflanze in der vegetativen Phase, um eine genetisch identische Kopie zu erzeugen, die normal weiterwächst. Dies ist die Standardmethode zur Sortenerhaltung und zur Produktion einheitlicher Pflanzen.

Re-vegging bezeichnet den Prozess, eine komplette Pflanze nach der Ernte wieder in die Wachstumsphase zu versetzen. Dabei lässt man einige untere Triebe und Blätter an der Pflanze stehen und stellt sie zurück unter einen 18/6-Lichtzyklus. Die Pflanze wird dann ebenfalls buschiger nachwachsen. Monster Cropping ist jedoch eine spezielle Anwendung dieses Prinzips. Anstatt eine ganze, abgeerntete Pflanze wiederzubeleben, nimmst Du kleine Teile (Stecklinge) einer blühenden Pflanze und lässt nur diese den Re-vegging-Prozess durchlaufen. Das macht Monster Cropping zu einer Methode der Vermehrung, während das Re-vegging einer ganzen Pflanze eher eine Methode zur Rettung einer spezifischen Genetik nach der Ernte ist.

Warum solltest Du die Technik des Monster Cropping anwenden? Die Vorteile im Detail

Die Entscheidung für eine Anbautechnik hängt immer von den persönlichen Zielen ab. Monster Cropping ist keine Methode für jeden Anbau, aber in bestimmten Szenarien bietet sie unschlagbare Vorteile, die weit über das reine Experimentieren hinausgehen. Die drei Hauptgründe, die für diese Technik sprechen, sind eine dramatische Ertragssteigerung, die Sicherung wertvoller Genetik ohne den Aufwand einer permanenten Mutterpflanze und eine potenzielle Zeitersparnis im Gesamtzyklus.

Gerade wenn Du mit begrenztem Platz arbeitest, kann die Fähigkeit, Pflanzen zu züchten, die mehr in die Breite als in die Höhe gehen, ein entscheidender Faktor sein. Eine einzige „Monster“-Pflanze kann den Platz und den Ertrag von zwei oder drei traditionell gewachsenen Pflanzen einnehmen. Es ist eine Methode, die Effizienz und Produktivität in den Vordergrund stellt und dabei auf einem faszinierenden biologischen Mechanismus der Cannabis-Pflanze aufbaut.

Ertragsmaximierung durch extrem buschigen Wuchs

Der offensichtlichste und meistgenannte Vorteil ist die massive Steigerung des Ertragspotenzials. Eine normale Cannabis-Pflanze hat eine apicale Dominanz, was bedeutet, dass der Hauptstamm am stärksten wächst und die Seitentriebe unterdrückt. Techniken wie Topping oder FIMing durchbrechen diese Dominanz, aber Monster Cropping hebt dieses Prinzip auf eine neue Stufe. Da der Klon aus der Blütephase keine klare apicale Dominanz mehr besitzt, konkurrieren dutzende Triebe gleichberechtigt um Licht und Nährstoffe.

Jeder dieser Triebe ist ein potenzieller Hauptstamm mit eigenen Seitentrieben. Das Ergebnis ist eine unglaubliche Dichte an Blütenstandorten. Anstatt einer großen Hauptcola und mehreren kleineren Seitenblüten produziert eine „gemonsterte“ Pflanze eine breite, gleichmäßige Blütendecke (Canopy) aus unzähligen mittelgroßen, aber dichten und potenten Colas. Bei richtiger Pflege und in Verbindung mit einem Screen of Green (ScrOG)-Netz kann der Ertrag pro Quadratmeter so signifikant gesteigert werden. Du erntest nicht mehr nur eine Pflanze, sondern einen ganzen Teppich aus Blüten.

Genetische Sicherung ohne permanente Mutterpflanze

Dies ist ein oft übersehener, aber extrem praktischer Vorteil. Normalerweise musst Du, wenn Du eine herausragende Genetik gefunden hast, eine Mutterpflanze in einem separaten Zelt unter permanenten Wachstumsbedingungen (18/6 Licht) halten. Das kostet Platz, Strom und Pflege. Mit Monster Cropping kannst Du diesen Schritt umgehen. Du schickst einfach alle Deine Pflanzen in die Blüte.

Wenn Du nach ein paar Wochen siehst, welche Pflanze die besten Eigenschaften (Wuchs, Harzproduktion, Aroma) entwickelt, nimmst Du einfach von diesem „Gewinner“ ein paar Stecklinge. Der Rest der Pflanze blüht normal zu Ende und wird geerntet. Die kleinen Stecklinge werden zu den Mutterpflanzen der nächsten Generation, die bereits die verifizierten Elite-Eigenschaften in sich tragen. Du kannst also einen kompletten Durchgang zur Selektion nutzen und sicherst Dir die beste Genetik, ohne monatelang eine Mutterpflanze pflegen zu müssen. Cannabis Klonen wird so zu einem dynamischen Teil des Blütezyklus.

Zeitersparnis im gesamten Anbauzyklus

Dieser Punkt mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, da die Re-vegging-Phase selbst einige Wochen dauern kann. Die Zeitersparnis entsteht jedoch im Gesamtbild. Da Du keine separate Mutterpflanze halten musst, entfällt die gesamte Zeit und Energie für deren Pflege. Noch wichtiger ist, dass die bewurzelten Monster-Klone eine sehr kurze vegetative Phase benötigen, bevor sie wieder in die Blüte geschickt werden können.

Durch ihren extrem verzweigten Wuchs füllen sie den verfügbaren Platz sehr schnell aus. Während ein normaler Klon oft mehrere Wochen vegetatives Wachstum benötigt, um eine anständige Größe und Struktur zu erreichen, explodiert ein Monster-Klon förmlich in die Breite. Oft reichen schon zwei bis drei Wochen Wachstum nach der Umstellungsphase aus, um eine Pflanze zu erhalten, die bereit für ein ScrOG-Netz ist. So kann die verlorene Zeit in der Re-vegging-Phase durch eine verkürzte anschließende Wachstumsphase wieder aufgeholt oder sogar überkompensiert werden.

Gibt es auch Nachteile oder Risiken beim Monster Cropping?

Keine Anbautechnik ist perfekt, und das Monster Cropping bildet da keine Ausnahme. Bevor Du Dich begeistert auf Deine blühenden Pflanzen stürzt, um Stecklinge zu schneiden, solltest Du die potenziellen Herausforderungen und Nachteile kennen. Diese Methode ist nicht ohne Grund als „fortgeschritten“ eingestuft. Sie erfordert mehr Geduld, hat eine höhere Fehlerquote und der anfängliche Anblick der Pflanzen kann selbst erfahrene Gärtner verunsichern. Wer sich dieser Punkte bewusst ist, kann sich jedoch besser darauf vorbereiten und die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg deutlich erhöhen.

Die drei wesentlichen Hürden sind eine geringere Erfolgsquote beim Bewurzeln der Stecklinge, die anfänglich sehr chaotische und ungesund aussehende Wuchsform und der nicht zu unterschätzende Zeitfaktor, den die Umstellung von der Blüte- zurück in die Wachstumsphase in Anspruch nimmt. Diese Faktoren machen die Technik weniger geeignet für absolute Anfänger oder für Grower, die einen schnellen und absolut vorhersehbaren Zyklus anstreben.

Geringere Erfolgsquote beim Bewurzeln

Dies ist die erste und oft größte Hürde. Stecklinge von einer blühenden Cannabis-Pflanze bewurzeln deutlich langsamer und unzuverlässiger als Stecklinge aus der vegetativen Phase. Der Stoffwechsel der Pflanze ist auf die Produktion von Blüten und nicht auf die Bildung neuer Wurzeln ausgerichtet. Die holzigeren Stängel und die andere hormonelle Zusammensetzung erschweren den Prozess.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Erfolgsquote bei nur 50 % oder sogar darunter liegt, besonders bei den ersten Versuchen. Aus diesem Grund ist es absolut entscheidend, immer mehr Stecklinge zu nehmen, als Du eigentlich benötigst. Nimm mindestens doppelt, besser dreimal so viele. Eine sterile Arbeitsweise, ein hochwertiges Wurzelhormon (Gel oder Pulver) und ein Klon-Gewächshaus (Propagator) mit hoher Luftfeuchtigkeit sind hier keine Option, sondern eine Notwendigkeit, um die Erfolgschancen zu maximieren. Sei nicht entmutigt, wenn viele Klone es nicht schaffen – das ist Teil des Prozesses beim Monster Cropping.

Anfängliche chaotische Wuchsform und seltsame Blätter

Wenn die Stecklinge endlich Wurzeln geschlagen haben, beginnt die nächste Phase, die Geduld erfordert. Die jungen Pflanzen sehen für mehrere Wochen alles andere als gesund aus. Sie wachsen nicht in die Höhe, sondern bilden seltsam geformte, oft runde und glattrandige Blätter mit nur einem Finger. Viele Grower geraten hier in Panik und denken, sie hätten etwas falsch gemacht, die Genetik sei schlecht oder die Pflanze leide an einem Mangel.

Dieses deformierte Wachstum ist jedoch ein normales und sogar erwünschtes Zeichen des Re-vegging. Die Pflanze kämpft intern mit ihren hormonellen Signalen. Es ist eine Übergangsphase, die man einfach aussitzen muss. Erst nach zwei bis vier Wochen dieses seltsamen Wachstums beginnt die Pflanze, wieder normale, gefingerte Cannabis-Blätter zu produzieren und ihren explosiven, buschigen Wuchs zu entwickeln. Wer hier die Nerven verliert und die Pflanze aufgibt, wird nie das volle Potenzial der Technik erleben.

Zeitfaktor: Die Umstellungsphase kann Geduld erfordern

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der größte Nachteil die Zeit ist, die der Prozess in seinen Anfangsstadien kostet. Während ein normaler Steckling oft schon nach 7-14 Tagen Wurzeln hat und sofort mit dem gewohnten Wachstum beginnt, kann es beim Monster Cropping länger dauern:

  • Bewurzelung: Kann 14 bis über 30 Tage dauern.
  • Re-vegging Phase: Nach der Bewurzelung folgen 2-4 Wochen mit seltsamem Wuchs.

Insgesamt kann es also gut und gerne 4 bis 8 Wochen dauern, bis Du eine Pflanze hast, die bereit für das eigentliche vegetative Wachstum ist. Diese Zeit muss im Anbauplan berücksichtigt werden. Für kommerzielle Betriebe, die auf schnelle, einheitliche Zyklen angewiesen sind, kann dieser unvorhersehbare Zeitaufwand ein Ausschlusskriterium sein. Für den Heimgärtner, der auf maximalen Ertrag aus wenigen Pflanzen abzielt, ist es oft ein lohnender Kompromiss.

Die Schritt-für-Schritt-Anleitung: Wie Du Monster Cropping bei Deinem Cannabis durchführst

Jetzt kommen wir zum praktischen Teil. Diese Anleitung führt Dich durch den gesamten Prozess, von der Auswahl des richtigen Moments bis zur Pflege der jungen Monster-Pflanze. Genauigkeit und Sauberkeit sind hier die Schlüssel zum Erfolg. Nimm Dir Zeit für jeden Schritt und bereite Deine Ausrüstung vor, bevor Du beginnst. Denk daran: Du arbeitest gegen die natürliche Neigung der Pflanze, also musst Du ihr die bestmöglichen Bedingungen bieten, um den Stress zu bewältigen und stark zurückzukommen.

Wir unterteilen den Prozess in sechs logische Phasen. Jede Phase hat ihre eigenen kritischen Punkte, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden können. Folge dieser Anleitung genau, und die Chancen stehen gut, dass auch Du bald die Früchte dieser potenten Technik ernten kannst.

Phase 1: Die richtige Spenderpflanze auswählen und vorbereiten

Nicht jede Pflanze in Deinem Blüteraum ist ein guter Kandidat. Wähle eine Pflanze aus, die absolut gesund und vital ist. Sie sollte keine Anzeichen von Nährstoffmängeln, Krankheiten oder Schädlingsbefall aufweisen. Da das Monster Cropping für die Stecklinge sehr stressig ist, brauchen sie den bestmöglichen genetischen Start. Idealerweise hast Du Deine Pflanzen bereits ein paar Wochen in der Blüte und konntest beobachten, welche die besten Eigenschaften zeigt – sei es Harzproduktion, Wuchsstruktur oder Terpenprofil. Genau diese Elite-Pflanze ist Dein Ziel.

Phase 2: Der exakte Zeitpunkt für die Entnahme der Stecklinge

Das Timing ist alles. Der perfekte Zeitpunkt für die Entnahme der Stecklinge ist zwischen der zweiten und vierten Woche der Blütephase. In dieser Zeit hat die Pflanze bereits deutliche Blütenansätze (kleine „Pompoms“ oder „Budlets“) gebildet, aber die Blüten sind noch nicht zu dichten, harten Colas herangewachsen. Die hormonelle Umstellung auf Blüte ist in vollem Gange, aber die Triebe sind noch nicht zu verholzt. Schneidest Du zu früh (Woche 1), ist der Effekt des Re-vegging schwächer. Schneidest Du zu spät (nach Woche 5), ist die Erfolgsquote beim Bewurzeln extrem gering, da die Pflanze ihre gesamte Energie in die Blüten steckt und die Triebe zu holzig sind. Die dritte Blütewoche wird oft als der „Sweet Spot“ angesehen.

Phase 3: Die Entnahme – Welcher Teil der Pflanze ist ideal?

Im Gegensatz zum normalen Klonen, wo Du die oberen, jungen Triebe bevorzugst, zielst Du beim Monster Cropping auf die unteren Triebe der Pflanze. Diese Triebe sind meist weniger entwickelt und nicht so stark verholzt wie die Haupttriebe an der Spitze. Sie bekommen weniger Licht und sind oft etwas „fluffiger“ in ihrer Blütenstruktur, was das Bewurzeln erleichtert. Suche nach einem gesunden Seitentrieb im unteren Drittel Deiner Cannabis-Pflanze. Er sollte eine Länge von etwa 10-15 cm haben und bereits kleine, definierte Blütenansätze aufweisen. Schneide den Trieb mit einem sauberen, scharfen Skalpell oder einer desinfizierten Schere sauber von der Mutterpflanze ab. Platziere den frisch geschnittenen Steckling sofort in einem Glas mit Wasser, um die Bildung einer Luftblase (Embolie) im Stängel zu verhindern.

Phase 4: Den Steckling vorbereiten und ins Wurzelmedium setzen

Nun bereitest Du den Steckling für sein neues Leben vor. Nimm ihn aus dem Wasserglas. Entferne vorsichtig die unteren Blätter und Triebe, sodass ein sauberer Stiel von etwa 3-5 cm Länge entsteht. Die kleinen Blütenansätze am oberen Ende des Stecklings lässt Du komplett unberührt! Versuche nicht, sie zu entfernen, denn genau aus ihnen wird später der neue, buschige Wuchs entstehen. Schneide das untere Ende des Stiels mit dem Skalpell in einem 45-Grad-Winkel an. Dies vergrößert die Oberfläche für die Wasser- und Hormonaufnahme. Tauche das frisch angeschnittene Ende sofort etwa 1-2 cm tief in Dein Wurzelhormon (Gel ist hier oft einfacher anzuwenden als Pulver). Stecke den vorbereiteten Klon anschließend direkt in Dein gewähltes Wurzelmedium, zum Beispiel einen Jiffy-Torfquelltopf, einen Steinwollwürfel oder Eazy Plugs. Das Medium sollte feucht, aber nicht durchnässt sein.

Phase 5: Die kritische Bewurzelungs- und Umstellungsphase (Re-vegging)

Dies ist die Phase, in der die meiste Geduld gefragt ist. Platziere die frisch gesteckten Klone in einem Propagator (Mini-Gewächshaus), um eine konstant hohe Luftfeuchtigkeit (über 80 %) zu gewährleisten. Besprühe die Klone und die Innenseite des Deckels täglich mit Wasser. Stelle den Propagator unter einen 18/6 oder 20/4 Lichtzyklus mit einer schwachen Lichtquelle, wie einer Leuchtstoffröhre (LSR) oder einer speziellen LED-Anzuchtlampe. Zu starkes Licht würde die Stecklinge nur stressen und austrocknen. Jetzt heißt es warten. Es kann, wie bereits erwähnt, bis zu einem Monat dauern. Lüfte den Propagator täglich für ein paar Minuten, um Schimmelbildung vorzubeugen. Sobald Du siehst, dass neues, wenn auch seltsam geformtes, Blattwachstum beginnt, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass die Bewurzelung erfolgreich war und das Re-vegging einsetzt.

Phase 6: Vom „Monster“ zur strukturierten Pflanze

Sobald die Klone gut bewurzelt sind und deutliches neues Wachstum zeigen (auch wenn es noch die deformierten Blätter sind), können sie in größere Töpfe umgetopft werden. Halte sie weiterhin unter dem vegetativen Lichtzyklus. In den folgenden Wochen wirst Du Zeuge des „Monster“-Wachstums. Die Pflanze wird unzählige neue Triebe aus den alten Blütenansätzen schieben und extrem buschig werden. Irgendwann wird sie auch wieder anfangen, normale, 5- oder 7-fingrige Blätter zu produzieren. Das ist das Signal, dass die Umstellung abgeschlossen ist. Nun kannst Du die Pflanze behandeln wie jede andere wachsende Pflanze. Du kannst sie beschneiden, um die Form zu kontrollieren, oder sie in ein ScrOG-Netz flechten, um die breite Struktur optimal zu nutzen. Nach nur wenigen Wochen in dieser Phase hast Du eine Pflanze, die bereit ist, erneut in die Blüte geschickt zu werden und einen massiven Ertrag zu liefern.

Welche Ausrüstung und welches Material benötigst Du für das Monster Cropping?

Für ein erfolgreiches Cannabis Monster Cropping benötigst Du nicht viel mehr als für das traditionelle Klonen, aber die Qualität und korrekte Anwendung der Werkzeuge sind entscheidender. Da die Erfolgsquote von Natur aus niedriger ist, hilft Dir die richtige Ausrüstung dabei, die Chancen zu Deinen Gunsten zu verschieben. Hier ist eine Liste der unverzichtbaren Dinge:

  • Eine gesunde, blühende Spenderpflanze: Das A und O. Sie sollte sich in der 2. bis 4. Blütewoche befinden.
  • Ein scharfes Schneidwerkzeug: Ein Skalpell ist die beste Wahl. Eine sehr scharfe und saubere Rasierklinge oder eine feine Schere funktionieren auch. Wichtiger als das Werkzeug selbst ist, dass es steril ist, um Infektionen zu vermeiden. Reinige es vor jedem Schnitt mit Alkohol.
  • Wurzelhormon: Dies ist absolut unverzichtbar. Wurzelgel wird oft bevorzugt, da es besser am Stiel haftet und ihn versiegelt. Hochwertiges Wurzelpulver ist ebenfalls eine gute Option.
  • Wurzelmedium: Hier hast Du die Wahl. Jiffy-Torfquelltabs, Steinwollwürfel oder spezielle Anzuchtplugs (z.B. Eazy Plugs) sind die gängigsten Optionen. Sie halten die Feuchtigkeit gut und geben dem jungen Klon Halt.
  • Ein Propagator (Mini-Gewächshaus): Eine durchsichtige Kunststoffbox mit Deckel und Lüftungsschlitzen. Er ist entscheidend, um die hohe Luftfeuchtigkeit aufrechtzuerhalten, die die unbewurzelten Stecklinge zum Überleben brauchen.
  • Eine Sprühflasche: Um die Klone und die Wände des Propagators täglich mit Wasser zu besprühen und die Luftfeuchtigkeit hoch zu halten.
  • Die richtige Beleuchtung: Eine schwache Lichtquelle ist ideal. Eine einfache Leuchtstoffröhre (LSR, z.B. Typ 865 für Wachstum) oder eine kleine LED-Anzuchtlampe mit geringer Wattzahl sind perfekt. Eine starke Natriumdampf- oder LED-Lampe würde die Stecklinge verbrennen.
  • Geduld und saubere Hände: Wahrscheinlich die wichtigsten Werkzeuge in diesem ganzen Prozess. Arbeite immer sauber und gib den Klonen die Zeit, die sie brauchen.

Vergleich: Monster Cropping vs. Traditionelles Klonen vs. Sea of Green (SOG)

Um die Vor- und Nachteile des Monster Cropping besser einordnen zu können, hilft ein direkter Vergleich mit anderen populären Anbautechniken. Jede Methode hat ihre Daseinsberechtigung und eignet sich für unterschiedliche Ziele, Platzverhältnisse und Erfahrungsstufen. Die folgende Tabelle stellt die Kernmerkmale gegenüber.

TechnikGrundprinzipHauptvorteileHauptnachteile
Monster CroppingKlone werden von einer Pflanze in der Blütephase genommen und zum erneuten Wachstum (Re-vegging) gezwungen.Extrem buschiger Wuchs; sehr hoher Ertrag pro Pflanze; keine separate Mutterpflanze nötig; ideal für ScrOG.Geringe Erfolgsquote beim Bewurzeln; lange und unvorhersehbare Anzuchtphase; anfänglich seltsamer Wuchs; nicht für Anfänger geeignet.
Traditionelles KlonenStecklinge werden von einer Mutterpflanze in der vegetativen Phase genommen.Hohe Erfolgsquote (über 90 %); schnelle Bewurzelung; vorhersehbares und gleichmäßiges Wachstum; Erhaltung der Genetik.Benötigt eine permanente Mutterpflanze, was zusätzlichen Platz und Strom verbraucht; Pflanzen wachsen eher klassisch „tannenbaumförmig“.
Sea of Green (SOG)Viele kleine Pflanzen werden auf engem Raum platziert und mit sehr kurzer oder keiner vegetativen Phase direkt in die Blüte geschickt.Sehr schneller Zyklus von der Saat/Klon bis zur Ernte; effiziente Raumnutzung; gute Erträge pro Zeit.Benötigt eine große Anzahl an Klonen oder Samen; arbeitsintensiver bei der Pflege vieler einzelner Pflanzen; weniger Ertrag pro Einzelpflanze.

Häufige Fehler beim Cannabis Monster Cropping und wie Du sie vermeidest

Die Reise zum erfolgreichen Monster Cropping ist mit ein paar typischen Fallstricken gepflastert. Fast jeder, der diese Technik zum ersten Mal ausprobiert, macht mindestens einen dieser Fehler. Wenn Du sie jedoch kennst, kannst Du sie proaktiv umschiffen und Deine Erfolgschancen dramatisch verbessern. Es geht meist um Timing, Geduld und die richtige Interpretation der Pflanzensignale.

Fehler 1: Stecklinge zu früh oder zu spät schneiden

Wie bereits erwähnt, ist das Zeitfenster entscheidend. Viele Anfänger schneiden ihre Stecklinge, sobald sie die ersten Blütenstempel sehen (Woche 1-2), in der Hoffnung, den Prozess zu beschleunigen. Der „Re-vegging“-Schock ist hier aber oft nicht stark genug für den gewünschten „Monster“-Effekt. Andere warten zu lange, bis die Buds schon fest sind (Woche 5+). Diese Stecklinge haben eine extrem schlechte Bewurzelungsrate. Lösung: Halte Dich strikt an das Fenster zwischen der zweiten und vierten Blütewoche. Die dritte Woche ist oft der ideale Kompromiss zwischen einer ausreichenden hormonellen Umstellung und einer noch akzeptablen Bewurzelungsfähigkeit.

Fehler 2: Falsche Lichtverhältnisse für die neuen Klone

Ein häufiger Fehler ist, die frisch geschnittenen Klone unter die gleiche starke Lampe zu stellen wie die Mutterpflanze. Ein unbewurzelter Steckling kann mit intensivem Licht nichts anfangen – er hat keine Wurzeln, um Wasser und Nährstoffe aufzunehmen und würde unter der Hitze und Lichtintensität einfach austrocknen und sterben. Lösung: Verwende eine schwache Lichtquelle. Eine einfache Haushalts-Leuchtstoffröhre oder eine kleine LED-Anzuchtlampe sind perfekt. Der Lichtzyklus muss auf vegetatives Wachstum eingestellt sein, also 18 Stunden Licht und 6 Stunden Dunkelheit (18/6). Das Lichtsignal muss klar „Wachstum!“ sagen, aber die Intensität muss sanft sein.

Fehler 3: Ungeduld während der Re-vegging-Phase

Das ist der vielleicht häufigste Fehler. Der Klon hat endlich Wurzeln, aber er wächst seltsam. Die Blätter sind rund, glatt und sehen „falsch“ aus. Die Pflanze scheint für Wochen zu stagnieren. Viele Grower denken hier, der Klon sei eine Missbildung und werfen ihn weg. Lösung: Akzeptiere, dass diese Phase normal und sogar notwendig ist. Das seltsame Wachstum ist das äußere Zeichen der internen hormonellen Neuprogrammierung. Gib der Pflanze Zeit. Solange sie nicht abstirbt, lass sie in Ruhe. Nach 2-4 Wochen wird sie diesen Zustand überwinden und mit dem explosiven, gesunden Wachstum beginnen, auf das Du wartest. Geduld ist hier wirklich eine Tugend.

Fehler 4: Die falschen Stecklinge auswählen

Viele nehmen instinktiv die schönsten, größten und am weitesten entwickelten oberen Blüten als Stecklinge. Das ist ein Fehler. Diese Triebe sind oft schon zu stark auf die Blüte fokussiert und zu holzig, um gut Wurzeln zu schlagen. Lösung: Wähle, wie in der Anleitung beschrieben, gezielt die kleineren, weniger entwickelten Triebe aus dem unteren, schattigeren Bereich der Pflanze. Sie sind jünger, vitaler und haben eine deutlich höhere Chance, den Übergang zu schaffen. Opfere nicht Deine Hauptblüten, sondern nutze das Potenzial der „zweiten Reihe“. Das ist die Essenz des Monster Cropping.

Fazit: Ist Monster Cropping die richtige Methode für Dich?

Monster Cropping ist ohne Zweifel eine der interessantesten und potentesten Techniken im Werkzeugkasten eines ambitionierten Cannabis-Gärtners. Es ist ein cleverer Hack des pflanzlichen Hormonsystems, der zu spektakulären Ergebnissen führen kann. Die Fähigkeit, extrem buschige Pflanzen mit einer enormen Anzahl an Blütenstandorten zu züchten, ist ein unschätzbarer Vorteil, besonders wenn Du Deinen Ertrag auf begrenztem Raum maximieren möchtest. Zudem bietet die Methode eine elegante Lösung, um Elite-Genetik zu sichern, ohne den logistischen Aufwand einer permanenten Mutterpflanzenhaltung betreiben zu müssen.

Allerdings ist die Technik nicht für jeden geeignet. Sie verlangt ein hohes Maß an Geduld, eine Bereitschaft zum Experimentieren und die Akzeptanz, dass nicht jeder Versuch auf Anhieb gelingt. Die geringere Erfolgsquote beim Bewurzeln und die lange, optisch seltsame Re-vegging-Phase können frustrierend sein. Wenn Du absolute Kontrolle, Vorhersehbarkeit und einen schnellen, reibungslosen Ablauf bevorzugst, sind traditionelles Klonen oder eine SOG-Methode möglicherweise die bessere Wahl für Dich. Wenn Du jedoch die Herausforderung liebst, gerne die Grenzen des Möglichen auslotest und bereit bist, für einen potenziell monströsen Ertrag ein paar Wochen Unsicherheit in Kauf zu nehmen, dann solltest Du dem Monster Cropping definitiv eine Chance geben. Es könnte die Art und Weise, wie Du über den Anbau von Cannabis denkst, für immer verändern.

Dennis
Dennis

Dennis ist Redakteur bei Cannabis-Anbau.de und schreibt über Anbautechniken, Equipment, Sorten und Problemlösungen. Alle Inhalte sind rein informativ.

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